Ein paar Worte zum vielSehn-Magazin und zum ländlichen Raum

Ich bin Abonnement des vielSehn Magazin und präsentiere auch mein Geschäft im dortigen „Schaufenster“. Außerdem sind wir sind gemeinsam Mitglieder im Netzwerk Seenplatte. Als ich erfahren habe, dass es schwierig ist das Magazin finanziell aufrecht zu erhalten, habe ich mir Gedanken dazu gemacht was es eigentlich für mich bedeutet. Dabei ist mir aufgefallen, dass es ein Verlust wäre, wenn es nicht mehr erscheinen könnte. Für mich selbst als einzigartige Quelle, aber auch für Mecklenburg-Vorpommern und speziell die Seenplatte.

Wie ich das Magazin kennenlernte

Etwa seitdem ich wieder in Mecklenburg wohne, gibt es das „VielSehn“-Magazin. Es ist mir im Internet aufgefallen, als ich mich 2021 viel damit beschäftigte, welche Besonderheiten meine alte neue Heimat im Gegensatz zur Großstadt bietet. Zugegeben konnte ich das Magazin zunächst nicht richtig einordnen, denn „Menschen, Kultur und Lebensart“ sind ein weites Feld. Das Einzugsgebiet der Geschichten und Beiträge war mit der Mecklenburgische Seenplatte jedoch genau das Richtige. Dinge, die „um die Ecke“ passieren erwecken eine besonderes Interesse. Die vollen Beiträge gab es aber nur im gedruckten Magazin.

Ich wurde Abonnement. Schon mit der Ausgabe 1 war ich sehr zufrieden mit der Entscheidung. Ich las über Dorfläden in Mecklenburg, wobei nicht nur der neumodische Bio-Hofladen, sondern auch ein authentischer Nachwende-Konsum porträtiert wurde. Die Geschichte von Leuten, die in der Seenplatte hochwertige Gegenstände aus Holz per Hand fertigen – tatsächlich auf Weltniveau – erreichbar auf einem Nachmittagsausflug per Fahrrad. Sehr interessant.

Persönlich nutze ich die Reportagen auch als Quelle, um Touristen die Region näher zu bringen. Außerdem machen sie Lust, Bekanntes wieder zu besuchen oder zeigen mir Orte, die ich dann auf meine „Besuchsliste“ setze.

Was steht denn drin?

Mir gefällt am VielSehn Magazin der in der Seenplatte einzigartige Blickwinkel und die Themenwahl. Bunt gemischt, inklusive Orten der Kunst, Vereinen oder kleinen Unternehmen. Mit Menschen von hier und den „Zugereisten“. Man erkennt aber auch eine offensichtliche Vorliebe für alternative Lebensentwürfe, die sich in der Bildung von „ländlichen Kommunen“ ausdrückt. Solche Siedlungsprojekte können zweifellos eine Bereicherung sein, betrachte ich persönlich aber meist skeptisch. Mir kommt das Thema zu oft vor, bin aber auch dankbar, dass ich durch die Reportagen einen Einblick in diese Welt bekomme. Es darf nach meinem Geschmack also etwas mehr bodenständige Bürgerlichkeit im „VielSehn“ auftauchen. Mehr Unternehmerpersönlichkeiten, die nicht ins ökologisch-sozial korrekte Schema passen.

In allen Beiträgen gefällt mir die positiven Grundperspektive. Es sind Geschichten, die von Menschen erzählen, die einen Traum verwirklichen. Die einen erwecken ein Gutshaus zu neuem Leben, die anderen schaffen Kunst im eigenen Atelier im alten Bauernhaus. Menschen, die sich mit Kunst und Kultur auseinandersetzen oder nicht alltäglichen Beschäftigungen nachgehen.

Diese dürften selbst auch die Zielgruppe des Magazins sein. Dazu kommen Touristen, die schon hier sind oder sich für die Region interessieren. Ich denke nicht jeder in MV kann sich mit ihnen identifizieren. Wenn die Gedanken an unseren ländlichen Raum vor Allem durch niedrige Gehälter, Überalterung oder Defizite bei Infrastruktur, Kita und Schulen bestimmt sind, muss man sich erst einmal daran gewöhnen das Positive zu sehen.

Eine Bedeutung fürs Land

Es ist also nicht das exakte Abbild der Lebenswirklichkeit hier, aber zeigt was möglich ist. Das Magazin hebt Leuchttürme der Lebensqualität hervor und zeigt realisiertes Potenzial. Von diesem Potenzial ist oft die Rede, es kommt aber auf die Verwirklichung an. Die Beiträge sind ein Blick in die Zukunft des ländlichen Raumes wie man ihn sich in der Breite wünscht. Wo die Nachwirkungen des 20. Jahrhunderts hinter sich gelassen wurde. Z.B. die der umfassenden Industrialisierung der Landwirtschaft oder Abwanderung und Arbeitsplatzverluste in der Nachwendezeit. Die Zeit davor, die Zeit der Landgüter und Selbstversorger-Höfe wird nicht wiederkommen. Die Zukunft wird anders. Sie zeichnet sich gerade ab und dazu braucht es Medien, die sich damit beschäftigen. Anstatt vor den Problemen zu resignieren brauchen wir Geschichten wie Kirchen zu nichtreligiösen Kulturorten umgenutzt werden oder wo das Flair von alten Mühlen und abgelegenen Höfen für die Zukunft erhalten wird.

Das vielSehn Magazin ist für diese neue Ländlichkeit in der Seenplatte überaus wichtig. Was wäre wenn es nicht das wäre? Wir hätten nur (oft halbherzige) Werbetexte in touristischen Katalogen oder Reiseführer, die aber nur Touristen ansprechen. In beiden kann man sich nicht ansatzweise so viel Zeit für echte Besuche nehmen wie es das vielSehn-Team nimmt. Dazu kommt ein gutes, frisches und durchdachtes Design: Man merkt, dass noch weiter daran gefeilt wird, aber es ist bereits jetzt professionell.

Wir brauchen das vielSehn

Die Herausforderung des Magazins ist, dass „die Masse“ an Lesern fehlt, damit es ein Selbstläufer ist. Der Kreis derjenigen, die das Magazin für sich oder ihre Gäste kaufen ist noch zu klein. Es braucht weiterhin Anschub, um bekannter zu werden.

Ich unterstütze daher das vielSehn Magazin, weil es ein positives Lebensgefühl für den ländlichen Raum vermittelt. Das ist nämlich etwas, das in Mecklenburg und Vorpommern zu wenig verbreitet ist. Ich gebe zwar nicht allzu viel auf „Glücks-Kennzahlen“, aber regelmäßig hintere und letzte Plätze in den „Glücks-Atlanten“ zeigen, das irgendwas nicht stimmt. MV kann mehr, das vielSehn zeigt es. Hoffentlich findet das 4 mal im Jahr erscheinende Magazin weitere Leser.

vielSehn-Event in der Scheune Bollewick 2021

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