Hier gebe ich wieder einen kleinen Einblick in die Entwicklung meines Touren-Business. In die 10 Monate vom Oktober 2021 bis in den August 2022.
Im letzten Herbst rückten meine Touren neben anderen Dingen in den Hintergrund, trotzdem beschäftigte ich mich immer wieder mal mit ihnen. Dabei machte ich eine erste Erfahrung mit einer großen Reisegruppen. Die habe ich zwar nicht geführt, aber kurz begleitet.
Im November hielt ich meine Führung „Neustrelitz als Garnison der Sowjetarmee“ zum erstem Mal ab, und zwar in einer öffentlichen Führung. Wenn so ein Termin naht vergeht die Zeit rasend schnell. Kurz vorher habe ich noch an den Texten gearbeitet, Bilder rausgesucht und als Anschauungsmaterial laminiert. Es machte mir Spaß mit den Gästen durch die Stadt zu gehen. Es waren Jüngere, bzw. in meiner Generation, die sich über die „russische Geschichte“ der Stadt informierten.
Auch selbst habe ich zu der Zeit weiter die Stadt erkundet. Daneben viel Recherche im Internet, Lesen, Gespräche und mehr. Über die ganze Region, die ich als Zurückgezogener wieder entdecke. Aber dafür beschäftige ich mich mit ihr umfangreicher, als ich es je gemacht hätte, wenn ich hiergeblieben wäre.
Seit Dezember bin ich auch auf der Plattform seenswert-mv.de präsent. Dies war auch mein Einstieg in das Netzwerk Seenplatte, deren Mitglied ich im Frühjahr 2022 wurde.
Zertifizierter Stadtführer Neustrelitz
Im Januar 2022 begann eine besondere „Veranstaltungsreihe“. Ich hatte mich zum Stadtführerlehrgang angemeldet. Schon Anfang 2021 hatte ich davon gehört und über das Jahr wurde der Kurs durch die Volkshochschule und die Stadt Neustrelitz geplant.
Um Stadtführungen zu veranstalten, braucht man keine formale Ausbildung. Ich hatte bereits ganz auf mich gestellt und rein privatwirtschaftlich, mit meinen Fähigkeiten begonnen. Dieser Kurs versprach mir aber einiges an Wissen und „Zertifizierter Stadtführer in Neustrelitz“ klingt auch ganz gut :). Dabei war es auch ein glücklicher Zufall, dass der Lehrgang gerade im Jahr 2022 stattfand. Den letzten dieser Art gab es vor 20 Jahren! Wäre er nur ein Jahr früher gestartet, hätte ich die Gelegenheit verpasst.
Hintergrund des Lehrganges für die Stadt Neustrelitz ist, dass es immer weniger aktive Stadtführer gibt, auf die man zurückgreifen kann. Dieses demografische Problem gibt es aber in allen Städten (selbst Waren hat zur Zeit ein Drittel weniger Stadtführer als noch vor einigen Jahren).
Die Kursmodule fanden durchschnittlich einmal die Woche statt, bis zum Juni. In den meisten Fällen Mittwoch abends, jeweils 2,5 Stunden und an verschiedenen Orten. Teils auch im „Außeneinsatz“. Neben Wissen über die Historie und Aktuelles in Neustrelitz standen ein paar kommunikative Grundlagen und Erfahrungsaustausch über Gruppenführungen auf dem Programm. Es ging zwar nur selten ins Detail, aber es gab eine sehr große Fülle an Informationen. Besonders die dreiteilige Reihe zur Baukultur in Neustrelitz, von Frau Daedelow, hat mir wie auch den anderen gut 20 Teilnehmern gefallen. Vieles hatte ich schon einmal gelesen, aber es gab trotzdem noch sehr viel Neues zu hören.
Sehr hilfreich war auch der Austausch zwischen den Teilnehmern. Hier hat sich auch ein „Stadtführerstammtisch“ herausgebildet, der nun regelmäßig stattfindet.
Am 14.6.2022 hatte ich meine Prüfung. Ich habe bewusst eine Führung erarbeitet, die ich noch nicht in der Schublade hatte bzw. je gehalten hatte. Thema: „Sex & Crime“ in Neustrelitz. An der muss ich noch feilen und dann formal auf die Website stellen.
Ich habe bestanden. Seitdem darf ich mich zertifizierter Stadtführer in Neustrelitz nennen.
Winter-Recherchen 2022
Hauptsächlich bilde ich mich aber selbst weiter. Zum Beispiel habe ich mir Fachzeitschriften zur Geschichte in Mecklenburg-Vorpommern besorgt. Darin Beiträge zu „Selbsttötungen in Neustrelitz gegen Ende des Zweiten Weltkrieges“ und „Ländliche Wohn- und Siedlungsarchitektur in Mecklenburg von 1900 bis um 1950“. Die Architektur in den Dörfern nehme ich seitdem anders wahr. Das Wissen habe ich auch schon direkt weitergegeben, als ich mit Urlaubern in den Dörfern unterwegs war.
Auch eigene Recherche ist wichtig, denn nicht zu allen Themen gibt es Literatur. Draußen sein, Fahrrad fahren, sich vor Ort Umsehen ist eine ständige Aufgabe. Beim Verteilen von Flyern in diversen Hotels und Tourist-Informationen in der Mecklenburgischen Seenplatte war ich viel unterwegs. Aus einer Exkursion in Neustrelitz, zum alten Festplatz in der Bürgerhorst habe ich auch eine kleine öffentliche Wanderung veranstaltet. Auch hier habe ich im direkten Austausch mit Neustrelitzern Einiges erfahren.
„Lost Places“ kommt ins Rollen
Im Mai kam dann etwas Weiteres ins Rollen. Ich hatte eine Anfrage zu einer Führung zu „Lost Places“ in Neustrelitz. Das sind verlassene Orte, die ich sehr gerne für mich selbst erkunde. Die Führung hat stattgefunden – als eine Individualführung für eine einzelne Person, in der wir beide stundenlang unterwegs waren. Ich hatte schon daran gedacht zu dem Thema eine Führung anzubieten, aber manchmal braucht man den „Impuls von außen“. Dieses Thema hat wirklich einen Nerv getroffen. Ich habe dazu auch ein Bild in den Sozialen Medien geteilt. Hier wurde die lokale Zeitung, der Nordkurier aufmerksam und hat mich kontaktiert. Es erschien ein Artikel über mich. Daraufhin habe ich mehrere Anfragen zu ähnlichen Touren erhalten. Auch andere Medien haben sich schon gemeldet.
Mit dieser Tour locke ich sogar Leute in die Stadt. Dabei ist aber auch einmal etwas schiefgegangen: Zur Vorbereitung einer Tour habe ich mit einer Kundin telefoniert. Treffpunkt Bahnhof – die Frage war aber: „Welcher denn?“ Ich habe gesagt, dass es in Neustrelitz zwar mehrere Bahnhöfe gibt – die sind allerdings eher historisch. Sie sollte einfach zum Hauptbahnhof kommen. Sie kam aus Nordwestdeutschland und war gerade in der Nähe Rheinsberg. Kurz vor dem Termin noch ein Anruf: Wir können keinen Bahnhof mit bunten Holzfiguren finden, hier in NEURUPPIN!
Neustrelitz mit Neuruppin verwechselt… Also in die entgegengesetzte Richtung gefahren… zeitlich hat es an diesem Tag nicht mehr gepasst, die Tour ist leider ausgefallen. Dadurch weiß ich aber, was so vorkommen kann!
Müritz rundum
Ende Mai habe ich eine weitere Tätigkeit im Tourismusbereich aufgenommen. Busbegleitung für „Müritz Rundum“, organisiert vom Tourismusverband. Ich habe mich nur für wenige Termine im Monat eingetragen, weil auch meine Zeit begrenzt ist und es genug zu tun gibt. Hier hatte ich aber eine gute Gelegenheit mich näher mit der Müritz-Region, dem Nationalpark und Waren zu beschäftigen. Die Müritz und Waren ist einfach das touristische Zentrum der Mecklenburgischen Seenplatte.
Mit der Gästekarte/Kurkarte können Urlauber Buslinien rund um die Müritz kostenlos nutzen. Kern ist die Nationalparklinie zwischen Waren über Rechlin bis Röbel. Ich war dort auf den Bussen als Berater für Touristen, für Orientierung und Aktivitäten sowie den Müritz Nationalpark im Bus unterwegs. Dort habe ich viel an Erfahrung und Wissen mitgenommen. Ich bin auch auf die Idee gekommen, selbst eine der angebotenen Führungen von Federow aus wahrzunehmen. Auf der „Adlersafari“ habe ich dann gelernt Fischadler und Seeadler auseinanderzuhalten.
Waren (Müritz) am Markt
Müritz Nationalpark
Wir Busbegleiter waren jeweils allein unterwegs. Andere Busbegleiter haben mit dem Mikrofon eine kleine Show veranstaltet. Ich habe vor Allem das persönliche Gespräch genutzt und vielen Touristen weitergeholfen und für einen guten Tag im Nationalpark gesorgt. Dies war im Juni und Juli, im Schnitt einmal pro Woche. Einige der Nationalpark-Busfahrer betreuen die Gäste aber lieber allein. Dadurch hätte ich fast nur am Wochenende gearbeitet. Deshalb habe ich mich entschieden diese Busbegleitung im August und September nicht weiterzuführen. Es war gut, dass ich es gemacht habe, und gut, dass ich es beendet habe. Mein Terminkalender an den Wochenenden ist allerdings kaum leerer geworden.
Seit Juni bin ich auch im Schaufenster des vielsehn-Magazin. Ich bin selbst Abonnent und fand es spannend, mich sogar in der Print-Ausgabe zu sehen.
E-Bike und Radreise-Boom
Im Mai habe ich mir mein Betriebs-E-Bike gekauft. Für Radtouren mit Gästen. Diese sind gefühlt zu 90% ebenfalls mit E-Bikes unterwegs, was es notwendig gemacht hat.
Im Juli hatte ich dann noch eine Premiere. Zum ersten Mal habe ich eine sehr große Fahrradgruppe geleitet, fast 30 Fahrradfahrer. Das ist schon die Grenze des Erträglichen, denn in diesen Dimensionen ist so eine Tour schon anstrengend. Außerdem kann ich dann nur wenig auf die Einzelpersonen eingehen. Dazu kam: Die Gruppe war nicht auf die Wegeverhältnisse in der Kleinseenplatte eingestellt. Einige hatten mit Sandwegen und Kopfsteinpflaster größere Probleme. 5% der Strecke würde ich als problematisch einschätzen. Dabei habe ich beim vormaligen Abfahren der Strecke schon Änderungen vorgenommen. Flachen Asphalt-Radweg gibt es nicht überall, manchmal ist Kopfsteinpflaster unvermeidbar. Man hätte Umwege fahren können, aber die Tour war schon lang genug. Aber man kann es eben nicht allen Recht machen. Ich habe jedenfalls viel gelernt, was ich schon wenige Wochen später für eine Radreiseleitung nutzen konnte.
Im August habe ich nämlich zwei mehrtägige Radreiseleitungen übernommen. 20-30 Personen, Touren in der Mecklenburgischen Schweiz und im Nationalpark, mit Hotel in Waren, in dem ich selbst auch übernachtet habe. Hier habe ich ein durchweg positives Feedback bekommen und selbst viel Spaß dabeigehabt. Dabei geht es nicht nur um die Führung der Gruppe über einen bestimmten Weg, das Reagieren auf und Lösen von Problemen und Organisatorisches. In kleinen Pausen erzähle ich von der Region, von den Besonderheiten, Anekdoten und gegenwärtige Entwicklungen. Meine Gäste sollen eine gute Zeit haben und meine Heimat kennenlernen.
Nächste Weiterbildung steht an
Nun wird es September und wieder stehen Dinge an. Heute am 22.8. habe ich die Bestätigung erhalten, dass ich am Kurs „Zertifizierter Natur- und Landschaftsführer“ teilnehme. Das bedeutet, dass ich bis in den November gut verplant bin, was Weiterbildungen angeht…
Link zu meinem Video von der Franzosensteig-Erkundung im Herbst 2021